Bild: Fabian Becker
Bild: Fabian Becker

Pionier-Projekt aus Oldenburg setzt auf gutes Klima in der Nachbarschaft


Warum nicht ein Auto mit den Nachbar*innen teilen, statt ein eigenes zu besitzen? Oder den Wocheneinkauf mit dem Lastenfahrrad transportieren, statt mit dem Auto Abgase in die Luft zu blasen? Auch Lebensmittel, die nicht den Normen der Supermärkte entsprechen, können gemeinsam vor der Tonne gerettet werden.

Das alles sind Möglichkeiten, im Alltag etwas gegen den fortschreitenden Klimawandel zu tun und gemeinsam Ressourcen zu sparen. Und all diese Möglichkeiten sind im neuen Oldenburger Stadtteil Neudonnerschwee bereits in vollem Gange.

Vom Militärstandort zum Vorzeige-Stadtteil

Wo bis 2007 noch Soldaten patrouillierten, spielen heute Kinder auf den Spielstraßen. Die einstigen Militärgemäuer sind in Wohnungen umgewandelt und von Menschen aus allen Alters- und Einkommensgruppen bewohnt. Vor vier Jahren zogen die ersten Nachbar*innen in das neue Quartier.

In diesem neu entstandenen Viertel ist im November 2017 das vom Bund geförderte Projekt „Möglichmacher für ein klimafreundliches Quartier Neudonnerschwee“ gestartet. Anke Kleyda vom Verein Jugendkulturarbeit leitet das Projekt und möchte im Quartier Ideen und Projekt etablieren, die gut fürs Klima sind:

In einem noch jungen Viertel wie Neudonnerschwee, wo gerade erst eine neue Gemeinschaft entsteht, möchten wir von Beginn an gemeinsam mit den Bürger*innen Lösungen entwickeln, wie wir jetzt und in Zukunft klimafreundlich leben können. Das finde ich sehr spannend.

Der dörfliche Charakter von Neudonnerschwee und der auf die Gemeinschaft ausgelegte Entwicklungsansatz prägen das Zugehörigkeitsgefühl der Bewohner*innen. Die Gestaltung des Miteinanders ist eine Frage von allen: „Es ist schön zu sehen, wie viele engagierte Menschen es hier auf dem Gelände gibt“, sagt Naomie von der Solidarischen Landwirtschaft Oldenburg.

Neudonnerschwee möchte ein inklusiver und altersübergreifender Stadtteil sein, der sich durch eine heterogene Bevölkerung auszeichnet und barrierefrei ist.

Bild: Fabian Becker
Beim Sommerfest gab es klimafreundliche Aktionen und Essen aus der Soliküche mit gespendeten Lebensmitteln sowie einen Cocktail- und Saftstand der Hausgemeinschaft 22. (Bild: Fabian Becker)

Klimafreundliches Zusammenleben

Bei einem neuen Stadtteil ist Raum für visionären Ideen und Pioniergeist. Strukturen sind noch nicht gefestigt und häufig gibt es ein kreatives Umfeld, das für neue klimafreundliche Formen des Zusammenlebens offen ist. So auch in Neudonnerschwee.

Nur durch die Motivation der Anwohner*innen kann das Pionierprojekt „Möglichmacher für ein klimafreundliches Quartier Neudonnerschwee“ funktionieren: „Das Projekt lebt von den Ideen und dem Engagement der Quartiersbewohner*innen. Motivierte Menschen und neue Ansätze sind daher jederzeit willkommen.“, sagt Projektleiterin Anke.

Erste Projekte gestartet

Die ersten Ideen sind bereits Realität: „Donner“, das Quartierslastenrad, wartet im Fahrradladen um die Ecke darauf, von den Anwohner*innen für eine Spende ausgeliehen zu werden. Größere Einkäufe können damit problemlos auf ressourcenschonende und umweltfreundliche Art und Weise transportiert werden. Auch ein Ausflug mit den Kindern wird so zu einem klimabewussten Vergnügen.

Durch eine Kooperation des Projekts mit Cambio-CarSharing und Ford CarSharing trägt die Bereitstellung von vier Car Sharing-Autos zusätzlich zu einer klimafreundlicheren Mobilität im Quartier bei und bringt automatisch eine Verbesserung der Parkplatzsituation mit sich.

Die von Anke und ihrem Team organisierten Fahrradtouren ins Oldenburger Umland sind bei den Bewohner*innen beliebt und sollen auch in Zukunft regelmäßig stattfinden. Abgasfrei entdecken die Nachbar*innen dadurch gemeinsam neue Orte und lernen sich dabei besser kennen. Außerdem ist eine große Urban Gardening Fläche im Viertel geplant.

Bild: Fabian Becker
Lastenrad „Donner“ zum Verleih (Bild: Fabian Becker)

Teilen statt wegwerfen

„Sharing“ ist ein großes Thema in Neudonnerschwee. Neben Verkehrsmitteln teilen die Nachbar*innen unter anderem Lebensmittel z.B. beim „Sonntags-Mitbringbrunch“, der einmal im Monat angeboten wird. Daneben gibt es eine Verteilerstelle der Solidarischen Landwirtschaft und eine Facebook-Gruppe für Foodsharing. Projektleiterin Anke:

Der Gedanke, gemeinsam Ressourcen zu sparen, ist bei den Menschen in Neudonnerschwee angekommen: Unser Mitbring-Brunch soll zu einem festen Bestandteil des Alltags in Neudonnerschwee werden, so wie unser Lastenfahrrad, das jetzt schon heiß begehrt ist.

Die Kochgruppe „Laufkatzen“ trifft sich einmal im Monat immer an einem anderen Ort. Dort kochen und essen Nachbar*innen gemeinsam und alle Interessierten sind herzlich dazu eingeladen. Außerdem steigen im Viertel unter dem Motto „Tauschen statt neu kaufen“ regelmäßige Kleidertauschpartys.

In gemütlicher Atmosphäre werden bei Kaffee und Kuchen gut erhaltene Kleidungsstücke anprobiert und untereinander getauscht. „Klima schützen und dabei gemeinsam Spaß haben, das ist die Philosophie des Klimaprojekts“, sagt Anke. 

Kleidertauschparty mit den Nachbarn (Bild: Anke Kleyda)

Wem das alles noch nicht genügt, kann in Workshops mehr über regionale und saisonale Ernährung, Balkongärtnern, Abfallvermeidung oder Upcyling erfahren. Bei dem Workshop „Essbarer Balkon – alles, was auch die Biene mag“ erfahren Interessierte zum Beispiel, was sie bei der Balkonbepflanzung beachten sollten und welche Pflanzen besonders bienenfreundlich sind.

Nachbar*innen direkt erreichen

Veranstaltung zur Quartiersrunde (Screenshot: nebenan.de)

Um die Bewohner*innen auf dem neusten Stand zu halten, nutzt Anke unter anderem auch ein Organisationsprofil bei nebenan.de. Mit diesem informiert sie über das Projekt und lädt zu Veranstaltungen ein. In Donnerschwee sind bei nebenan.de bereits 300 Nachbarn aktiv, Tendenz steigend.

Alle zwei Monate versammeln sich Interessierte des Viertels zur „Quartiersrunde“ um über die Situation vor Ort zu sprechen. Neue nachhaltige Ansätze und Ideen im Quartier werden beim „Klimatreff“ besprochen, der alternierend dazu stattfindet. Über das Organisationsprofil lädt Anke die Projektgruppen, -aktive und Interessierte zu beiden Veranstaltungen herzlich ein.

Resümee nach einem Jahr

Projektleiterin Anke blickt positiv auf das erste Projektjahr zurück:

"Wir konnten im ersten Jahr zahlreiche Projekt für ein klimafreundliches Zusammenleben im Quartier starten. Eine vernetzte Klimanachbarschaft aufzubauen und diese nachhaltig zu bewahren, braucht jedoch Zeit und steht und fällt mit der Willenskraft der Anwohner*innen. Es gibt viele Engagierte in Neudonnerschwee und ich denke, wir sind auf einem guten Weg."

In Zukunft sollen die entwickelten klimafreundlichen Ansätze, auch über den Projektzeitraum hinweg, bestehen bleiben und in Neudonnerschwee aktiv gelebt werden. 


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