Mario: Vor gut zwei Jahren bin ich innerhalb Berlins in den Akazienkiez umgezogen. Jeden Tag gehe ich hier auf und ab – zum Arbeiten, Einkaufen, Sport etc. – und sehe an den einschlägigen Straßenecken die Menschen am Rande der Gesellschaft, die nicht so viel Glück genießen wie ich selbst.
Sie sind Bestandteil des Lebens im Kiez wie Café, Kneipe und Späti, doch ihr Leben läuft anders ab, als bei den meisten anderen hier. Sie müssen betteln, halten die Türe zur Bank auf oder spielen im Eingangsbereich der Einkaufspassage Akkordeon. Welcher Weg hat sie dorthin geführt? Was können sie unternehmen, um ihre Situation ein wenig zu verbessern? Können wir vielleicht etwas dazu beitragen?
Mit diesen Gedanken wurde etwas angestoßen: Leergut kommt in unserer Wohnung nicht mehr zum Supermarkt, sondern zu unseren Kiezbewohnern, die das Leergut eintauschen gegen etwas Bargeld. Es folgten tütenweise Kleidung, losgetreten durch meinen Einstieg in den Minimalismus, hinter dem die Frage steht: „Was brauche ich an Besitz eigentlich wirklich?“.
Alex: Hinzu kommt, dass wir uns als leidenschaftliche Startup-Unternehmer gefragt haben, wie wir unsere Gründer-Erfahrungen und unser Netzwerk sinnvoll einbringen können: in Aktivitäten mit gesellschaftlicher Relevanz.
Letztes Jahr hatte ich als Mitgründer von SIRPLUS mein erstes ‘Social Impact Venture’ gestartet, um überschüssige und zum Teil abgelaufene Lebensmittel (MHD) im Schulterschluss mit Produzenten und Großhandel zu ‘retten’ und in den Kreislauf der Gesellschaft zurückzuführen - und um diese mit erheblichem Preisnachlass an Konsumenten weiterzugeben. SIRPLUS funktioniert und skaliert nun, auch wenn uns einige Leute anfangs für ein wenig verrückt erklärt haben.
Das hat Mario und mich angespornt, im Kontext des Themas Konsum kreativ über weitere spannende Möglichkeiten einer sinnvollen Umverteilung nachzudenken. Unser beider Erfahrungen drehen sich um ungenutzte bzw. überschüssige Ressourcen und wie man diese so lange wie möglich und sinnvoll in der Gesellschaft zirkulieren kann, bis sie tatsächlich nicht mehr zu verwenden sind – eine sog. Kreislaufwirtschaft.
Wir hatten uns einige Wochen zuvor mit unserem Freund Michael Romanow und Jenny De La Torre in ihrem Ärztehaus für Obdachlose getroffen (http://www.delatorre-stiftung.de/) um herauszufinden, ob wir in irgendeiner Weise behilflich sein können mit unserem Schaffen. Es stellte sich heraus, dass ein Mangel an Kleidungsstücken für die Bedürftigen herrscht und wir nahmen den Impuls auf und im Hinterkopf mit. Insbesondere, da nun bald der Winter vor der Tür steht und warme Kleidung für die Obdachlosen von Nöten ist.
Der letzte Anstoß, um selbst eine Aktion ins Leben zu rufen, war der Nachbarschaftspreis von der nebenan.de Stiftung. Wir waren zur diesjährigen Preisverleihung am 5.9.2018 eingeladen. Dort wurden fantastische, soziale Initiativen aus ganz Deutschland prämiert. Das hat uns so sehr inspiriert, dass wir direkt selbst angreifen wollten und so haben wir am Tag darauf die Sammelaktion ins Leben gerufen.
Unsere Veranstaltung: „BBQ – Dein T-Shirt für Obdachlose“
Unsere erste Aktion findet am Montag, den 17. September ab 17 Uhr in unserer Nachbarschaft Berlin-Schöneberg statt unter dem Titel „BBQ – Dein T-Shirt für Obdachlose“. Unser Ziel: mindestens 100 T-Shirts für unsere weniger privilegierten Mitmenschen zu sammeln.
Was wir erwarten? Eine bunte Mischung aus Freunden, Bekannten, Nachbarn, Unternehmern, Studenten und allen, die sich von unserer Sache angesprochen fühlen, kommen zusammen und befreien sich von ihrer nicht mehr gebrauchten Kleidung (nicht nur Shirts!). Alles kommt direkt der Jenny de la Torre Stiftung und damit den Obdachlosen zugute, das garantieren wir.
Jeder ist herzlich eingeladen, etwas beizutragen.
Auch involvieren wir die Berliner Startup-Szene, also unsere Branche. Tatkräftige Unterstützung bekommen wir u.a. von GTEC - German Tech Entrepreneurship Center wo Alex Partner ist und dem Founder Institute Berlin.
In unserer immer schneller und anonymer werdenden Gesellschaft – im Spannungsfeld zwischen globaler Vernetzung und digitalen Identitäten – sind starke, lokale und persönliche (in Person!) Gemeinschaften essenzielles Rückgrat unseres Zusammenlebens. Was für viele von uns vielleicht Kleinigkeiten sind, kann auf der anderen Seite extrem viel für die Menschen in unserer nächsten Umgebung bedeuten.
Wir freuen uns auf die Begegnung mit unseren nahen und fernen Nachbarn am kommenden Montag und sind uns sicher, dass wir das Ziel von 100 Kleidungsstücken gemeinsam erreichen werden. Kommt vorbei und sagt “Hallo”!
Mario Steinbuch & Alexander Piutti
Update: Alle Erwartungen übertroffen
Einige Tage nach der Veranstaltung haben wir das Ergebnis begutachet und alle Spenden sortiert und gezählt. Unser Ziel von 100 T-Shirt haben wir weit übertroffen!
Über 600 Kleidungsstücke wurden gespendet und an die Jenny De La Torre Stiftung für Obdachlose in Berlin übergeben.
Danke an alle!
Willst du auch eine Hilfsaktion in deiner Nachbarschaft starten?
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