Bild: privat
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Nebenan.de

Spendenaktion: Ladenbesitzerin verschenkt Schals für Obdachlose


In Berlin leben rund 6.000 Menschen auf der Straße. Gerade die kalten Wintertage setzen ihnen besonders zu. Birgit betreibt in Berlin-Kreuzberg einen Laden für Strickmode und startet mit ihren Nachbarn eine Hilfsaktion, die Wärme spendet.

„Ich habe von vielen Kunden, Nachbarn und Freunden gehört, wie hilflos und überfordert sie sich fühlen, wenn sie die vielen Obdachlosen in der Stadt sehen. Da kam mir die Idee zu meiner kleinen Charity-Aktion“, erzählt Birgit.

Die Modedesignerin ist im Berliner Graefekiez zur Schule gegangen und betreibt hier seit 2004 ihren Laden für Strickmode „vincente“. Auch sie kennt das Gefühl der Ohnmacht, wenn sie Obdachlosen begegnet. Als die Temperaturen in Berlin in diesem Winter fallen, beschließt sie, einen eigenen Beitrag zu leisten: Sie bietet ihren Nachbarn an, bis zu 16 ihrer gestrickten Merino-Schals für die Weitergabe an Obdachlose zu verschenken.

Bei der Nachbarschaftsplattform nebenan.de schreibt sie:

Birgits Aufruf bei nebenan.de

"Charityaktion: Schalkragen für Menschen, die auf der Straße leben

Habt Ihr Lust diese wunderbar warmen Schalkragen an Obdachlose zu verschenken? Vielleicht noch ein paar Kekse dazu tun oder gleich ein Weihnachtsgeschenk daraus zu basteln? Weihnachten steht vor der Tür und ich selbst komme vor lauter Stricken nicht mehr raus. Also dachte ich, ich stell einfach bis zu 16 (oder ein paar mehr) zur Abholung im Laden zur Verfügung. Sie sind aus reiner Merinowolle.

Ich selbst fahr nur Fahrrad aber viele von Euch berichten wie betroffen und hilflos Sie jeden Tag an den Obdachlosen in der U-Bahn vorbeigehen. Ich weiß das ändert nicht sehr viel aber vielleicht ein bisschen was.....“

Die Reaktionen der Nachbarn lassen nicht lange auf sich warten: Innerhalb kürzester Zeit erhält Birgit viel Zuspruch und Dank für ihre Aktion. „Die Kommentare der Nachbarn waren zuckersüß“, erzählt Birgit gerührt.

Ihre Nachbarin Bettina z.B. antwortet: „Toll!! Ich kenne 2 Obdachlose im Kiez, die im Zelt schlafen und ich hole gerne 2 Schals ab für die beiden. Vielen Dank!“

„Da muss man ja ganz schön vertrauen!“

Gesagt, getan. Am nächsten Tag steht die erste Nachbarin, Claudia, in Birgits Laden und holt mehrere Schals ab. Normalerweise kosten sie 39 € pro Stück, heute nicht mehr als ein Lächeln. Claudia bringt einen der Schals zu einem Obdachlosen an der Schönleinstraße, packt noch einige Plätzchen und eine Kerze dazu. Ein richtiges Weihnachtsgeschenk.

„Claudia kam direkt danach wieder zu mir in den Laden gestürmt, um mir zu erzählen, wie sehr der Obdachlose sich über das Geschenk gefreut hat! Sie hat mir seine ganze Lebensgeschichte erzählt und dass er schon fünf Jahre auf der Straße lebt. Es war ganz großartig, dass ich so daran teilhaben konnte!"

In diesem Moment steht noch eine weitere Kundin bei Birgit im Laden. Erstaunt hört sie dem Gespräch zu und sagt zögerlich: „Naja, da muss man aber ganz schön drauf vertrauen, dass die Leute, die die Schals abholen, sie nicht selbst behalten…“

Birgit ist erstaunt von diesem Kommentar. „Natürlich muss man vertrauen! Ohne Vertrauen geht es ja gar nicht!“, findet sie. Sicherlich könne sie nicht kontrollieren, ob die Schals auch tatsächlich bei den Obdachlosen ankommen. Aber auch wenn nicht, sei das in Ordnung, wenn die Person das mit ihrem Gewissen vereinbaren könne.

Ich gehe vom Guten aus und dass solche Aktionen nicht ausgenutzt werden.

Aufeinander achten

25 Schals haben bereits den Weg zu obdachlosen Menschen in Berlin gefunden. Auch in den nächsten Tagen wollen noch mehrere Menschen aus der Nachbarschaft vorbeikommen, um Schals bei Birgit abzuholen und weiterzugeben.

Birgit findet es schön, dass Berührungsängste zu Obdachlosen so abgebaut werden können und sie Nachbarn kennenlernt, die ihr dann von den Reaktionen der Beschenkten erzählen.

Gute Nachbarschaft ist, wenn man aufeinander achtet und Anteil nimmt.

Das funktioniere im Graefekiez immer noch gut. Birgits Wohnung ist nur einige Häuserblöcke von ihrem Laden entfernt, aber manchmal braucht sie für den Weg fast eine halbe Stunde – weil sie immer wieder bekannte Gesichter trifft und für ein Schwätzchen stehen bleibt.

„Das ist wahnsinnig großartig. Wenn es so etwas gibt, wohnt man hier gerne“. Auch wenn es ihr mal nicht gut geht, weiß sie, dass sie mit Menschen aus der Nähe über ihre Sorgen reden kann. Diese Achtsamkeit ist es, die für Birgit eine gute Nachbarschaft ausmacht.

Lokale Händler im Kiez

Die Grenzen zwischen Kunden, Nachbarn und Freunden verschwimmen für Birgit immer mehr. Ihr Geschäft gibt es schon seit 14 Jahren, es ist fest im Kiez verankert. „Die Leute hier kennen mich und meine Sachen“, erzählt Birgit.

Mittlerweile ist sie in ihrer digitalen Nachbarschaft bei nebenan.de sowohl privat als auch beruflich aktiv: Für ihren Laden vincente hat sie ein Gewerbeprofil erstellt, sodass die 4.900 angemeldeten Nachbarn aus der Umgebung ihr Geschäft entdecken können. Sie will ihre Nachbarn im kommenden Jahr über die Plattform auch über ihre Angebote und Aktionen informieren.

Bisher macht sie das auch über soziale Netzwerke wie Facebook. „Aber ich finde für das ganz Lokale ist nebenan.de einfach schöner.“

Unter den alteingesessenen und neuen Gewerbetreibenden im Graefekiez wünscht sie sich manchmal einen stärkeren Zusammenhalt. „Wenn wir uns alle für gemeinsame Aktionen zusammentun, können wir als lokale Händler viel mehr erreichen.“

Ein guter Vorsatz fürs neue Jahr.

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Alle Geschichten des nebenan.de Adventskalenders findest du täglich neu unter magazin.nebenan.de/adventskalender.

Zu Birgits Laden für Strickmode: vincente.de

Mehr zu Gewerbeprofilen bei nebenan.de: gewerbe.nebenan.de


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Hannah Kappes | nebenan.de

Hannah Kappes arbeitete bis Juni 2023 im Kommunikationsteam von nebenan.de.