Gute Nachbarschaft: Begegnungsort und Daseinsvorsorge für uns alle
Inhaltsverzeichnis
- Was ist wichtig, damit das Miteinander trotz unterschiedlicher Bedürfnisse gut funktioniert?
- Was bedeutet eigentlich Inklusion und wie sieht ein inklusives Miteinander in der Nachbarschaft aus?
- Manchmal lassen wir uns im Umgang miteinander trotz allem von Vorurteilen beeinflussen und haben Berührungsängste. Was ist dein Ratschlag in solchen Situationen?
- Wie steht es mit der barrierefreien Nutzung von nebenan.de?
Ina Remmers gründete im Juni 2015 gemeinsam mit fünf Mitgründern die Nachbarschaftsplattform nebenan.de. Das Sozialunternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, Nachbar:innen in der Stadt und auf dem Land zusammenzubringen – erst online, dann offline:
„Bei nebenan.de lernen sich immer wieder Menschen kennen, die nebeneinander wohnen, sich aber ohne die Plattform nicht begegnet wären.”
– Ina Remmers, Gründerin von nebenan.de
In einer Nachbarschaft leben Menschen jeden Alters, unterschiedlicher sozialer Schichten und Nationalitäten und mit verschiedenen körperlichen und mentalen Beeinträchtigungen zusammen.
Was ist wichtig, damit das Miteinander trotz unterschiedlicher Bedürfnisse gut funktioniert?
Ina Remmers spricht über ein gutes Miteinander in der Nachbarschaft.
Ina: Miteinander ist ein gutes Stichwort. Es geht vor allem darum, dass die Menschen im Viertel wieder mehr miteinander leben statt nebeneinander her. Wichtig ist, dass wir tolerant, respektvoll und offen aufeinander zugehen, dass wir versuchen, einander zu verstehen und helfen, wo wir können.
Natürlich leben wir unser Leben auf verschiedene Art und Weise und unterscheiden uns von unserem Gegenüber. Aber gerade das kann bereichernd sein. Ein starkes nachbarschaftliches Miteinander entsteht dann, wenn wir alle Menschen inkludieren und auf Augenhöhe kommunizieren.
Was bedeutet eigentlich Inklusion und wie sieht ein inklusives Miteinander in der Nachbarschaft aus?
Ina Remmers teilt ihre Vorstellung über gelebte Inklusion im Viertel.
Ina: Bei nebenan.de verstehen wir Inklusion allumfassend: Das bedeutet, dass im Optimalfall alle Personen unabhängig von physischen oder mentalen Behinderungen, sozialer Herkunft, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung und anderen individuellen Merkmalen und Fähigkeiten in gesellschaftliche Prozesse und das Miteinander in der Nachbarschaft einbezogen werden und sich zugehörig fühlen.
Damit das in der Praxis funktioniert, ist etwa eine barrierefreie Infrastruktur im Viertel wichtig. Das gilt einerseits für öffentliche Orte, kommunale Institutionen, gemeinnützige Organisationen und den stationären Handel. Genauso aber für zwischenmenschliche Begegnungen in der Nachbarschaft.
Schon gewusst? Eine bundesweite Umfrage der Aktion Mensch zeigt, dass 65 Prozent der Menschen in bestimmten Lebens- oder Alltagssituationen auf Barrieren stoßen. Die Initiative Kommune Inklusiv arbeitet gemeinsam mit den Modellkommunen Erlangen, Rostock, Schneverdingen, Schwäbisch Gmünd und der Verbandsgemeinde Nieder-Olm daran, bis Ende 2023 die Gesellschaft vor Ort inklusiver zu gestalten. Mehr Informationen zur Initiative gibt’s hier.
Manchmal lassen wir uns im Umgang miteinander trotz allem von Vorurteilen beeinflussen und haben Berührungsängste. Was ist dein Ratschlag in solchen Situationen?
Ina Remmers gibt Tipps für einen toleranten und respektvollen Umgang miteinander.
Ina: Berührungsängste zu haben, ist erstmal nichts, wofür wir uns schämen müssen. Sie sind eine Reaktion auf Unvertrautes. Wichtiger finde ich, wie wir damit umgehen: Ich versuche, in solchen Situationen offen und respektvoll anzusprechen, was mich verunsichert. So kann ich Ängste abbauen und Vorurteile auflösen.
Unsere mittlerweile über 3 Millionen Nutzer:innen zeigen uns täglich, wie wir Berührungsängste abbauen können: Sie vernetzen sich in ihrer Nachbarschaft, um geflüchtete Menschen zu unterstützen oder ein Zuhause für obdachlose Personen zu organisieren. Sie leisten ehrenamtliche Hilfe für Senior:innen und gesundheitlich beeinträchtigte Personen im Alltag, verleihen, tauschen und verschenken Dinge – und stärken so das Gemeinschaftsgefühl in ihrer Nachbarschaft.
Ina: Ich wünsche mir, dass in Zukunft noch mehr Menschen auf ein inklusives Miteinander in ihrem Umfeld achten, so dass sich alle Personen in ihrer Nachbarschaft willkommen fühlen. Denn Inklusion stärkt ganz klar den gesellschaftlichen Zusammenhalt!
Barrierefreiheit ist ein wichtiger Teil von Inklusion – auch digital. Mittlerweile gibt es festgelegte EU-Richtlinien, um Webseiten und Apps möglichst für alle zugänglich und gut nutzbar zu gestalten.
Wie steht es mit der barrierefreien Nutzung von nebenan.de?
Ina: Wir sind uns bewusst, dass nebenan.de noch nicht in allen Punkten barrierefrei ist. In manchen Dingen sind wir schon auf einem guten Weg. Zum Beispiel ist die iOS App in Bezug auf Bedienbarkeit schon ganz gut aufgestellt – hier gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, die Voice-over Funktion zu nutzen und die Schriftgröße anzupassen.
Die EU-Richtlinien beziehen sich auf vier Kriterien: Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit der technischen Gegebenheiten. Faktoren wie die Schriftart und -Farbe, die Größe der Bedienflächen und Kontraste, Bildtexte, eine leicht verständliche Sprache und Struktur spielen hierbei eine wichtige Rolle.
Ina: Wir haben viele Ideen, wie wir die Plattform zugänglicher und inklusiver gestalten können. Bei Neuerungen im Produkt achten wir bereits auf starke Kontraste und größere Klickflächen, um die Wahrnehmbarkeit und Nutzung zu erleichtern. Perspektivisch wäre auch die Integration von Übersetzungsprogrammen sinnvoll – das würde die Interaktion mit den Nachbar:innen für nicht deutschsprachige Menschen erheblich erleichtern. Außerdem müssen wir die Plattform an einigen Stellen noch für Screenreader-Programme optimieren, um die Nutzbarkeit besonders für Personen mit Sehbehinderung oder Analphabetismus zu erleichtern.
Auch wenn wir diese Funktionen aktuell noch nicht implementieren können, arbeiten wir bereits im Rahmen einer internen Initiative von Kolleg:innen daran, die Nutzbarkeit der Plattform für alle Bedürfnisgruppen zu verbessern.
Hinweis: Dieser Beitrag wurde ertmals im Jahr 2022 veröffentlicht und im Januar 2024 aktualisiert.
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