Die soziale Verwurzelung ist der Kern unseres Glücks.
Viele unsichtbare Bindungsseile geben uns dann das Gefühl, in dieser Welt aufgehoben zu sein. Dies ist lebenswichtig, denn Einsamkeit ist einer der wichtigsten Risikofaktoren. Sie löst immer Stress aus und erhöht damit die Gefahr, körperlich, aber auch seelisch zu erkranken. Einsamkeit ist so gefährlich wie Kettenrauchen. Die britische Premierministerin Theresa May hat deshalb Anfang des Jahres eine Einsamkeitsministerin berufen.
Davon sind wir in Deutschland weit entfernt und so leiden 11% der Deutschen unter Einsamkeitsgefühlen und 30% kennen Verlassenheitsgefühle. Hauptfaktor für die Einsamkeit ist die fehlende Partnerschaft, aber 14% der Deutschen, die in einer Partnerschaft leben, fühlen sich auch dort einsam. Einsamkeit zu zweit nannte Kästner einmal diese Gefühlslage.
Die Einsamkeit ist offenbar ein gesellschaftliches Problem und dies verwundert, weil Familien noch immer die häufigste Lebensform sind. Zudem pflegen 2/3 aller Frauen und 1/3 aller Männer eine Herzensfreundschaft. Aber es dauert mindestens 2 Jahre, bis eine solche Herzensfreundschaft entsteht. Und wir haben höchstens drei Herzensfreundschaften, die zwar intensiv sind, aber wie kleine Inseln aus einer Welt von Bekannten herausragen.
Unser soziales Leben pulsiert nicht.
Weniger als 10% der Deutschen feiern regelmäßig mit mehr als 10 Gästen Geburtstag. Und fast 40% aller Deutschen kennen kaum einen Nachbarn. Bei den Großstädtern ist es noch gravierender: Nach einer TNS-Studie würden sich nur noch 3% der Städter beim Einzug bei ihren Nachbarn vorstellen. Nun können wir uns Nachbarn zwar nicht aussuchen, aber sie sind unser wichtigstes soziales Kapital.
Es gibt Länder, in denen - wie in Südamerika - eine andere Offenheit hinsichtlich sozialer Kontakte besteht. Diese Neugierde wäre auch bei uns wünschenswert. Erste Ansätze dazu gibt es: Vor allem im Internet gibt es zahlreiche Nachbarschaftsinitiativen, in denen man sich austauschen kann. Solche sozialen Netzwerke tragen dazu bei, dass die von Vorsicht geprägte Zurückhaltung sinkt, von der unser Leben bestimmt wird.
In diesen Netzwerken liegt ein meist ungenutztes Potential für Freundschaften.
Dies zu heben wäre ganz einfach: Man backt ein großes Blech Pizza und verteilt es an alle Nachbarn, mit denen wir auf der gleichen Etage, darüber und darunter Kontakt haben. Nicht jeden werden wir mögen, nicht jeden einladen, aber wir werden alle in Zukunft freundlicher grüßen.
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Dieser Text wurde von Wolfgang Krüger verfasst. Zur Vertiefung eine Buchempfehlung:
Freundschaft: Beginnen, verbessern, gestalten
– erschienen im BOD-Verlag.
Weitere Infos zum Autor und zum Buch:
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