Bild: Supermarché

Supermarché macht’s vor: So können lokale Gewerbe sich gegenseitig unterstützen


Der Berliner Fair-Fashion Shop Supermarché gibt Anregungen, wie eine Zusammenarbeit von lokalen Gewerben gelingen kann und stellt in unserem Interview seine Aktion “Nachbar*innen statt Models” vor.

Das Team von Supermarché. Bild: Supermarché

Immer wieder erleben wir, dass kleine Betriebe, die den Kiez Jahrzehnte lang lebendig gemacht haben, schließen müssen. Die Hintergründe dafür sind vielfältig: Mit der hohen Inflation und Kaufzurückhaltung gehen weniger Umsätze einher und dazu kommen die durch die Gentrifizierung steigenden Mieten. Für Gewerbe gibt es keinerlei Mieter:innen-Schutz und ein politischer Wille, dies zu ändern, fehlt bisher. Regionale Handwerksbetriebe werden zum Beispiel aus Gewerbehöfen gedrängt, weil Start-Ups Platz für ihre Großraumbüros brauchen, der kleine Unverpackt-Laden um die Ecke muss dem Lager für einen E-Commerce-Riesen weichen. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, dass lokale Gewerbe zusammenhalten, Raum für Austausch schaffen und sich gegenseitig unterstützen. Wie das gelingen kann, zeigt der Berliner Fair-Fashion Shop Supermarché. Wir haben Nicole von Supermarché um ein Interview gebeten. 

Über Supermarché

Supermarché gibt es schon seit 2009. Was einst als kleiner Laden für grüne Mode in Berlin Kreuzberg mit zwei Personen und der Eigenmarke Hirschkind auf einer Fläche von 50 Quadratmetern begann, hat sich mittlerweile zu einem umfassenden Ladenkonzept entwickelt. Heute erstreckt sich Supermarché auf 100 Quadratmetern und präsentiert eine große Vielfalt von ökofairen Modelabels und eine breite Auswahl an nachhaltigen Jeans und Basics. Die Mission des Geschäfts geht über den Verkauf von Fair Fashion hinaus, denn Supermarché möchte Menschen dazu anregen, bewusster zu konsumieren und ihre Stimme gegen Ungerechtigkeit und Ausbeutung zu erheben - nicht nur in der Textilindustrie, aber eben auch dort.

Wie können Kooperationen zwischen lokalen Gewerben in der Nachbarschaft aussehen?

Nicole: Die Unterstützung kann ganz vielfältig sein. Es kann einfach um Gespräche und emotionale oder auch um politische Unterstützung gehen, wie im Falle des Berliner Spät-Kaufs Quicky Markt, der sehr stark von seinen Nachbar:innen und Kund:innen unterstützt wurde - sogar durch eine Spendenaktion. Es können aber auch gemeinsame Aktionen sein, wie wir sie mit unseren Nachbar:innen von Original Unverpackt kürzlich in Form der Fairen Kaffeetafel vor unseren beiden Läden umgesetzt haben. Zahlreiche Nachbar:innen und lokale Gewerbe sind gekommen, um mit uns Kaffee zu trinken und von uns gebackenen Kuchen zu essen. Den Kaffee schenkte die Berliner Bohne, der Berliner Fair-Trade-Hauptstadtkaffee, aus. Im besten Fall schafft so eine Kooperation für uns alle Aufmerksamkeit, auf jeden Fall macht es Spaß und führt dazu, die Nachbarschaft noch besser zu vernetzen.

Natürlich kann die Kooperation auch ein größerer, festerer Zusammenschluss sein oder ein gemeinsames Straßen- oder Kiezfest – alles ist möglich. 

Ihr habt kürzlich auch die Aktion “Kiezmodels” ins Leben gerufen. Was war der Hintergrund und wie sah die Aktion aus?

So sah die Kiezmodels Aktion aus. Bild: Supermarché

Hintergrund der Kiezmodels-Aktion und der "Nachbar*innen statt Models"-Idee war genau eine solche Kooperation zwischen Gewerbetreibenden, die allen einen Mehrwert bringt und dabei noch Spaß macht. Wir hatten schon lange vor, selbst Fotos von den Basic-Teilen, die wir immer in unserem Onlineshop haben, wie T-Shirts, Sweater und Hoodies, zu machen. Wir wollten Fotos, die besser zu unserem Laden und Selbstverständnis passen. Es war klar, dass es ganz unterschiedliche Personen, verschiedenen Alters und mit unterschiedlichen Körperformen sein sollten und eben nicht die Maße der 16-Jährigen mit Größe XS wie auf vielen Modefotos. Dabei fielen mir immer wieder Menschen aus meinem Umfeld und dem Kiez ein, die ich mir gut als Models vorstellen konnte. Irgendwann kam mir dann die Idee, Gewerbetreibende und Aktive, die ich kenne und deren Läden und Projekte, die ich gut finde und die zu uns und unserem Ladenkonzept passen, zu fragen, ob sie Models für uns spielen würden. Und so war die Idee der Kiezmodels geboren. Toll war, dass wir fast nur Zusagen bekommen haben - auch von Menschen, die sich nicht sehr gerne fotografieren lassen, die aber die Idee so schön fanden. Und wir sind auch begeistert von den vielen so verschiedenen Kiezmodels. Das älteste Model war 74, das jüngste 20, es waren Handwerker:innen dabei, Ladenbesitzer:innen, Aktivist:innen, Geflüchtete, Kneipen- & Restaurantbetreiber:innen, Designer:innen und Mitarbeitende des bekannten Kreuzberger Musikclubs SO36.

Was war euch bei der Aktion wichtig und was hat die Aktion bewirkt?

Wir wollten sichergehen, dass nicht nur schöne Fotos für unseren Shop entstehen, sondern die Aktion bei allen beteiligten lokalen Gewerben Mehrwert schafft. Deshalb haben wir uns entschieden, alle Läden und Projekte in unserem Blog vorzustellen. Unsere Kollegin und Fotografin Lene hat Fotos in den Läden gemacht, um sie zu porträtieren. Die Shootings haben super viel Spaß gemacht, wir haben viel gelacht und uns besser kennengelernt. Allein dafür hat es sich gelohnt!

Wir kleinen Gewerbetreibenden haben uns untereinander viel besser kennengelernt. Es ist eine stärkere Verbindung entstanden, die zukünftig ausgebaut werden kann.

Die Aktion hat von allen Seiten tolles Feedback bekommen. Die Kiezmodels selbst waren begeistert von der Aktion, weil sie die Idee der Vernetzung schön fanden, die Fotos natürlich auch für ihre Nutzung bekommen haben und sich über die zusätzliche Reichweite gefreut haben, die durch die Verlinkung ihrer Betriebe in unserem Onlineshop entstand. Viele der Beteiligten haben diese Aktion über Social Media und Newsletter geteilt. Auch von Kund:innen kommt immer wieder Feedback, wie gut sie die Aktion finden, da endlich einmal ein realistisches und diverses Bild von Menschen gezeigt wird. So haben wir uns auch entschieden, die Aktion für alle Nachbar:innen und nicht nur für Gewerbetreibende zu öffnen. Wir haben in unserem Laden ein Pop-Up-Fotostudio aufgebaut und alle, die Lust hatten, konnten sich in einem oder zwei unserer Shirts fotografieren lassen und ein Basic-Fair-Trade-Shirt als Dank erhalten.

Bild: Supermarché

Was wollt ihr lokalen Gewerben noch mitgeben?

Gerade in schwierigen Zeiten für Kleingewerbe ist es gut, sich austauschen zu können, zu hören, wie es bei anderen läuft, gemeinsam Ideen zu entwickeln und vielleicht auch gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. Haltet durch, haltet zusammen, unterstützt Euch gegenseitig. Es kommen bessere Zeiten!


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Lea Meinhard | nebenan.de

Lea verstärkt seit August 2023 das Commercial Content Team bei nebenan.de mit Beiträgen rund um das Thema Nachbarschaften. Sie ist überzeugt von der Bedeutung echter Gemeinschaft, besonders inmitten des heutigen oft digital geprägten und anonymen Lebensstils.